Zürich

Belvoirpark

Belvoirpark
Zürich/ ZH

Vom Charme vielgestaltiger Überformungen

Es sind mehrere Schichten und Veränderungen, welche dem Belvoirpark sein heutiges Gepräge geben. Immer wieder wurde die Anlage umgebaut und weiterentwickelt, doch im Wesentlichen sind es drei Faktoren, die den Charme dieses Parks ausmachen: die Lage mit dem grandiosen Blick auf Stadt, See und Berge; die kunstreiche Terraingestaltung sowie eine wirkungsvoll zusammengesetzte Baumkulisse.

Verschiedene Zugänge

Es macht allerdings einen Unterschied, ob man den Park von oben her, oder von unten betritt. Von der Seeseite, der Alfred-Escher-Strasse her, erschliesst sich der Park als kleine rückwärtsgewandte Zeitreise. Vom diesem unteren Teil, der den Stil der 1960er Jahre verkörpert, steigt man hinauf zum ursprünglichen, sozusagen ehrwürdigen Teil. Oben auf dem Plateau geht man auf die immer noch imposante klassizistische Villa zu. Davor beeindruckt eine für damalige Verhältnisse kühne Frauenskulptur, die sich inmitten der Schmuckrabatte mit üppigem Wechselflor erhebt. In der Villa befindet sich heute das Restaurant „Belvoirpark“, mit schönen Terrassen-Plätzen, daneben das „Bistro Avantgarde“. Hinter der Villa führt der Weg zum Ausgang auf die Seestrasse. Überquert man diese, steht man bereits am Eingang eines weiteren Parks, dem Rieterpark.

Betritt man hingegen den Belvoirpark von eben jenem oberen Zugang, dann bewegt man sich chronologisch vom 19. Jahrhundert in die Neuzeit. Man läuft unter dem Schatten schöner alter Laubbäume nach unten, vorbei an einem kleinen Weiher, hinter dem sich die weiten Wiesenflächen mit dem grossen Wasserbecken in Szene setzen. Im Mai vermittelt eine lange Pergola mit den prachtvoll blühenden Glyzinien einen berauschenden Eindruck. Zudem präsentiert ein mittlerweile renommierter Irisgarten ein Blütenfest, das auch Laien beeindruckt. Über 120 Sorten kommen hier zur Geltung: vom „Exotic Star“, zum „Going my Way“, über die dunkelblaue „Hello Durkness“, zur „Sapphir Hills“ und vielen anderen. Hinzu kommen Pfingstrosen und im Juli die Taglilien, die ebenfalls viele Besucher anziehen.

Ursprung

Der ursprünglich mit Reben bewachsene Hügel direkt am See wurde 1826 vom Kaufmann Heinrich Escher erworben und sogleich tatkräftig umgestaltet: Die Hügelkuppe wurde abgetragen und das Gelände mit exotischen, teilweise aus Amerika importierten Bäumen bepflanzt. Von 1828 bis 1831 liess sich Escher die klassizistische Villa im oberen Teil der Anlage bauen und nannte das Landgut „Belvoir“. Nach Eschers Tod erbte 1853 der Sohn Alfred das Anwesen. Dieser, auch als „Zar von Zürich“ betitelte Escher, galt als einer der einflussreichsten schweizerischen Politiker des 19. Jahrhunderts, der diverse Eisenbahnlinien baute, die ETH sowie die Credit Suisse in Zürich etablierte.

Durch den Bau der Zürichseebahn in den 1870er Jahren erfuhr der Park allerdings einen gravierenden Einschnitt, denn er verlor damit seinen Zugang zum See. Nach Alfred Eschers Tod (1882) erbte Tochter Lydia das Anwesen und vermachte es 1891 einer neu gegründeten Gottfried-Keller-Stiftung. Um dieses nicht ganz freiwillige Vermächtnis rankt sich die Story einer der tragischsten Liebesgeschichten Zürichs: Die reiche, aber unglückliche Lydia Escher verliebte sich in einen mittellosen Künstler. Der unbarmherzige Vater wollte das nicht goutieren und unterband diese Liebe recht handfest: Den Verliebten liess er ins Gefängnis werfen, die eigene Tochter vorübergehend ins Irrenhaus einweisen.

Als später die erwähnte Gottfried-Keller-Stiftung das Belvoir überbauen wollte, regte sich bürgerlicher Wiederstand. Schliesslich gelang es einem Initiativkomitee mit einer ungewöhnlichen Rettungsaktion den Park aus dem Stiftungsvermögen freizukaufen. Dafür musste allerdings Parkland entlang der Seestrasse als Bauland verkauft werden. 1901 erwarb dann die Stadt Zürich das Belvoir und machte den Park öffentlich zugänglich. 1925 wurde die Villa zur Wirtefachschule mit Restaurant umgebaut.

Entwicklung

Weitere Veränderungen entstanden 1959 im Zuge der ersten nationalen Gartenbauausstellung. Damals wurde der Park mit dem benachbarten Schneeligut zusammengelegt und mit Pergola, Wassergarten, Frauenskulptur und dem Rasenrechteck mit Blumenbeeten neu gestaltet. 1985 kam der Iris- und Tagliliengarten hinzu, der heute zu den Attraktionen von Belvoir gehört.

Beachtung verdienen auch die beiden Skulpturen, welche völlig gegensätzliche Frauenakte zeigen: Vor der Villa die „Schauende“ (1923) von Hermann Haller, der im öffentlichen Raum der Stadt Zürich eine ganze Reihe weiterer Skulpturen schuf. Im unteren Teil die „Stehende“ (1936) von Alfons Magg, die erst 1961 hier ihren Platz fand. Die Stehende verkörpert die Anmutige, in sich Gekehrte, deren Gestus und Gesichtsausdruck vieldeutig, und gerade darum faszinierend bleibt. Die Schauende hingegen steht kraftvoll mit weit ausgreifendem Blick in der Schmuckrabatte und vermittelt den Gestus einer beschwingt Zupackenden.

Das Belvoir konnte trotz aller Eingriffe und Veränderungen ein prominenter Ort der Zürcher Parklandschaft bleiben. Er wird als Erholungsraum mit seinen unterschiedlichsten Inspirationen, aber ebenso wegen seiner ruhigen, beschaulichen Bereiche geschätzt. Das Nebeneinander von Villenpark, Landschaftsgarten und späteren Einbauten der 1960er Jahre schafft ein eigenwilliges, durchaus charmantes Flair.

Adresse

8002 Zürich, Seestrasse 141
Öffnungszeiten: frei zugänglich / Eintritt frei